Dieser Artikel erschien am 18.08.2015 in der Wirtschaftswoche Green.
Autor: Michael D’heur
Mit dieser Strategie werden große Unternehmen grün
Gutes Vorbild? Henkel hat seine Nachhaltigkeitsziele in eine Matrix gepackt – und erkannte so seine Defizite.
Die Wertschöpfungskette, also der Weg vom Rohstoff zum fertigen Produkt, ist oft unübersichtlich und komplex. Betrachtet man die einzelnen Schritte entlang dieser Kette, finden sich viele Gelegenheiten, umweltfreundlicher zu werden.
Am Ende der Wertschöpfungskette kann man hingegen meist keinen Einfluss mehr auf nachhaltige Aspekte nehmen – doch genau hier wartet der Kunde, der gerne ein möglichst grünes Produkt hätte. Deswegen setzen viele Unternehmen bei der Nachhaltigkeitsstrategie an eben jener Wertschöpfungskette an.
Der Konsumgüterhersteller Henkel ist ein Beispiel dafür: Die Düsseldorfer haben sich 2010 eine Nachhaltigkeitsstrategie gegeben. Diese besagt, dass sich die Ressourceneffizienz innerhalb von 20 Jahren verdreifachen soll. In der Praxis muss Henkel dazu die Wertschöpfung um 50 Prozent steigern und zugleich den Ressourceneinsatz halbieren.
Dazu hat Henkel die Wertschöpfungskette und die Nachhaltigkeitskriterien in Form einer Matrix zusammengebracht. Die sechs Wertschöpfungsstufen „Rohstoffe“, „Produktion“, „Logistik“, „Einzelhandel“, „Gebrauchsphase“ und „Entsorgung“ treffen dabei auf die Nachhaltigkeitskategorien „Rohstoffe und Abfall“, „Energie und Klima“, „Wasser“, „Produktleistung“, „Sicherheit für Verbraucher und Arbeitnehmer“ sowie schließlich „sozialer Fortschritt“.
Das ist am Ende nicht sehr übersichtlich, bei sechs Kategorien sowie sechs Phasen der Wertschöpfungskette enthält die Matrix nämlich sechsunddreißig Ansatzpunkte für mehr Nachhaltigkeit. Allerdings können durch diese 36 Punkte erzielte Fortschritte und bestehende Defizite klar bezeichnet werden.
Damit ein womöglich als Einzelkämpfer arbeitender Nachhaltigkeitsbeauftragter hier nicht den Wald vor lauter Bäumen aus dem Blick verliert, muss er Prioritäten setzen. Handlungsfelder, die innerhalb der Wertschöpfungskette einen hohen Einfluss haben, werden intern als „Hot Spot“ bezeichnet und als erste angegangen.
Feld mit größtem Potenzial finden
Ein Beispiel: Bei Textilwaschmitteln zeigte sich, dass der höchste Energieverbrauch nicht bei der Produktion, sondern beim Waschen selber auftritt. Ursache sind die hohen Energiemengen für das Aufheizen von Wasser. Statt also die fünf Jahre alte Heizungsanlage am Firmensitz auszutauschen oder die 4,5-Liter-Firmenflotte durch 4-Liter-Wagen zu ergänzen, bringt es einen Reinigungsmittelhersteller näher ans Nachhaltigkeitsziel, Waschmittel für niedrige Temperaturen zu entwickeln.
In der Praxis heißt das, moderne Pulverwaschmittel liefern heute bei 20 °C Waschtemperatur bessere Ergebnisse als vor 40 Jahren bei 40 °C. Gleichzeitig aber hat sich die empfohlene Dosiermenge der Pulverprodukte seit 1975 von 275 auf 90 Gramm reduziert.
Dazu braucht es Innovationen, insbesondere im Bereich der eingesetzten Rohstoffe. Hauptsächlich waren dies der Einsatz von modernen Enzymen und innovativen Polymeren sowie Fortschritte im Bereich der Produktionstechnologie.
Die Reduzierung der empfohlenen Dosiermenge zeigt aber neben dem Primäreffekt, dem reduziertem Materialeinsatz, auch eine Reihe von Sekundäreffekten, die das Nachhaltigkeitsprofil weiter verbessern. So erfordern kompakte Waschmittel weniger Verpackungsmaterial und produzieren weniger Lkw-Kilometer. Entsprechende Beispiele gibt es auch bei anderen Produktkategorien, etwa Geschirrspülmittel.
So lassen sich, ausgehend von der Nachhaltigkeitsstrategie, die Produktionsbedingungen mit Nachhaltigkeitskriterien optimieren, wobei auch die existierenden Anlagen systematisch mit einbezogen werden. Ob das die systematische Verringerung des Materialeinsatzes ist, die Energieeffizienz von Maschinen, Verfahrensschritte zur Wärmerückgewinnung oder Wiederverwendung von Kühlwasser.
Suche nach wichtigsten Handlungsfeldern
Mit der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsmatrix hat Henkel beispielhaft gezeigt, wie sich Nachhaltigkeit im Kerngeschäft implementieren lässt. Denn wer weiß, wo die Handlungsfelder liegen, setzt seine finanziellen, zeitlichen und planerischen Kapazitäten zielgerichtet ein. Der Prozess ging einher mit zahlreichen abteilungsübergreifenden Workshops, bei denen Produktion, Controlling und CSR an einem Tisch saßen. Und weiter sitzen, denn die Transformation des Kerngeschäftes dauert an.
Was können Manager, die ihr Unternehmen auf Nachhaltigkeit ausrichten wollen, daraus lernen? Vor allem, dass es entscheidend darauf ankommt, die richtigen Fragen zu stellen. Die bei Henkel als Nachhaltigkeitsmatrix genutzte Analyse ist in anderen Unternehmen als so genannte Materialitätsmatrix bekannt. Es geht hier darum, welche Ansprüche Kunden an das Unternehmen haben und welche Zielsetzungen das Unternehmen selbst hat.
Die Matrix ermöglicht dann, die relevanten Handlungsfelder im Bereich Nachhaltigkeit zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Dabei sind eine Reihe von Leitfragen zu beantworten, welche die Rahmenbedingungen der spezifischen Branche und der Wettbewerbsposition berücksichtigen müssen, z.B.:
- Was ist der durch meine Organisation verursachte Umweltverbrauch? Wie wird dieser gemessen?
- Stellen wir eine Produkt-, Öko- oder Klimabilanz auf? Was sagt sie uns und anderen?
- Welches sind die relevanten Handlungsfelder in unseren betrieblichen Prozessen?
- Sind bereits Rollen und Verantwortlichkeiten definiert und für die Umsetzung auf nachhaltige Wertschöpfung ausgerichtet?
- Welche Ziele verfolgen wir heute schon und welche Ziele fehlen noch für eine zielgerichtete Transformation?
- Sind diese Ziele ambitioniert genug und welche Messgrößen in Bezug auf nachhaltige Wertschöpfung brauchen wir?
Die Umsetzung von Nachhaltigkeit im Kerngeschäft ist nur dann möglich, wenn dadurch ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Mehrwert entsteht. Aus Sicht der Supply-Chain-Verantwortlichen heißt das, Nachhaltigkeit darf nicht auf Kosten einer schlanken Supply Chain gehen. Veränderungen in der Supply Chain dürfen das Unternehmen nicht schwächen, sondern müssen es stärken. Immer mehr erfolgreiche Praxisbeispiele zeigen, dass genau das erreicht werden kann.
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